9. Kammerkonzert
Reger / Canteloube
Beschreibung
Max Reger (1873-1916)
Klarinettensonate As-Dur op. 49/1
Joseph Canteloube (1879-1957)
Rustiques für Oboe, Klarinette und Fagott
Michail Iwanowitsch Glinka (1804-1857)
Trio Pathétique für Klarinette, Fagott und Klavier
Reizvolle Entdeckungen verspricht das 9. Kammerkonzert der Bielefelder Philharmoniker: Zum Beispiel Joseph Canteloube und sein Werk Rustiques. Hierzulande nahezu unbekannt, gilt der 1879 geborene Canteloube in Frankreich als „Barde der Auvergne“, und tatsächlich ist es die intensive Beschäftigung mit den Volksliedern und Tänzen seiner Heimat, die ihm ein gewisses Alleinstellungsmerkmal verpassen. 1925 gründete er in Paris eine Art Heimatbund für Auvergnaten und solche, die es gerne wären. Später erwarb er ein Gut in der Südauvergne, auf das er so stolz war, dass er sich selbst den Namenszusatz „de Malaret“ gab. In den politisch wirren Zeiten des 2. Weltkriegs spielte Canteloube eine etwas unglückliche Rolle, sein Vermächtnis jedoch sind – neben zahlreichen eigenen Werken – seine umfangreiche Sammlung von Chants d’Auvergne, die er in über 30 Jahren zusammengetragen und bearbeitet hat. Sein dreisätziges Stück Rustiques aus dem Jahr 1946 liegt ganz auf der Linie des Heimatverbundenen und buchstäblich „Rustikalen“. Auch Max Regers erste Klarinettensonate ist ein akustischer Geheimtipp. Der 27-Jährige lebte in Weiden in der Oberpfalz und stand um 1900 im Begriff, mit der Familie nach München überzusiedeln. Offenbar gab es in Weiden wenig Ablenkungen, jedenfalls war Reger zu dieser Zeit ungewöhnlich produktiv. Seine zwei Klarinettensonaten op. 49 sind das Ergebnis einer sportlichen Herausforderung, die Reger an sich herangetragen fühlte, als er im privaten Kreis Brahms‘ Klarinettensonate op. 120 Nr. 1 hörte. Es dauerte nur drei Wochen, bis Reger seine Pendants fertig hatte – sie spiegeln aufs Schönste den Reiz seiner Musik, die, an der Schwelle zur Moderne angesiedelt, ihre Spannung aus Tradition und radikalem Modernismus bezieht. Michail Iwanowitsch Glinka, manchem Bielefelder sicherlich von seiner Oper Ruslan und Ludmila (2008/09 im Stadttheater) noch im Ohr, war einer der Gründerväter der russischen Romantik und hat damit stark zur Identitätsstiftung seiner Heimat beigetragen. 1830 begann er eine dreijährige Reise nach Italien, die ihn mit Vincenzo Bellini, Gaetano Donizetti und Felix Mendelssohn Bartholdy zusammenbrachte. Das seinem Namen alle Ehre machende Trio pathétique schrieb Glinka nach einem Zusammenbruch als eine Art Selbsttherapie und erwies darin seinem Freund Bellini eine deutliche Referenz.