Wege durch das Land // Literatur- und Musikfestival
Wir vergessen die Namen, die Geschichten, aber nie vergessen wir die Kleider
Beschreibung
»Ohne Lackschuhe trat er niemals auf, nicht ohne Lackschuhe, Garnsocken, seidenes Einstecktuch«, heißt es in Elke Heidenreichs Männer in Kamelhaarmänteln über Maurice Ravel. Heidenreichs neues Buch führt, neben einer Ansammlung vieler Geschichten rund um das Thema Mode und (Lebens-)Stil, anhand ausgesuchter Kleidungsstücke auch durch die Biografie der Autorin: das Kleid, das schön wie ein Kunstwerk ist und gekauft wird, obwohl es viel zu klein ist; die geliebte Bluse, die schon keine Farben mehr hat, weil sie hunderte Male gewaschen wurde; die peinlichen Jugendfotos im Faltenrock; der lässige Vater, der einen Kamelhaarmantel tragen kann wie kein anderer ...
Der Generalmusikdirektor der Bielefelder Philharmoniker Alexander Kalajdzic antwortet auf die Welt der Formen, Stoffe und Farben mit der impressionistischen Klangsprache von Maurice Ravels Ma Mère l´Oye.
In Kooperation mit den Bühnen und dem Orchester der Stadt Bielefeld wollen wir der Mode und der Frage nach dem richtigen Stil einen Abend widmen, in einer Stadt also, in der die Produktion von Textilien und Kleidung eine große Tradition hat. Schon seit dem 16. Jahrhundert wurde hier Flachs zu Leinen verarbeitet, Mitte des 19. Jahrhunderts wurde mit der Spinnerei Vorwärts die erste Fabrik Ostwestfalens gegründet, die eine industrielle Arbeiterschaft anstellte. Neben der Leinenverarbeitung kam im 20. Jahrhundert ein neuer Schwerpunkt hinzu: die Herstellung von Wäsche und Bekleidung, die bis in die 1980er Jahre hinein einen wichtigen Wirtschaftsfaktor der Stadt bildete.
Kleidung mag die schönste Nebensache der Welt sein, aber oft verrät sie auch, wer man ist oder zumindest wer man sein möchte. Audrey Hepburn war der Auffassung, dass das ikonische schwarze Givenchy-Kleid, das sie als Holly Golightly in Frühstück bei Tiffany trägt und dem auch Elke Heidenreich ein Kapitel widmet, mehr über die Figur erzählt hat als ihre Schauspielkünste. Der Roman Truman Capotes und der Film von Blake Edwards sind längst untrennbar und beide sind Feste des guten Geschmacks, des Savoir-vivre der New Yorker 1940er und 1950er Jahre und stilvoll bis hin zu den rot lackierten Fingernägeln unter den schwarzen Handschuhen der Protagonistin. Aus dem New York dieser Zeit ist auch Cole Porter, ein Zeitgenosse Capotes, nicht wegzudenken. Seine weltberühmten Songs stehen einer Holly Golightly ganz ausgezeichnet – sie sind glamourös und witzig, unter der Oberfläche ist aber oft eine herzzerreißende Melancholie und Einsamkeit zu spüren. Lisa Hrdina, Max von der Groeben und die Bielefelder Philharmoniker werden Truman Capotes Roman und Cole Porters Songs in einem literarisch-musikalischen Programm zusammenbringen. Und sicherlich wird durch diesen Abend auch Henry Mancinis ‹Moon River› wehen, das Audrey Hepburn am Fenster singend so unvergesslich gemacht hat.
Voller Sehnsucht, Melancholie – und Stil.