Spiel

Édouard Louis

Im Herzen der Gewalt

Beschreibung

Nach einem mit Freunden verbrachten Heiligabend passiert Édouard, bepackt mit Geschenken, den Place de la République, als er von Reda angesprochen wird. Bezaubert von dem Lächeln, den Augen, dem Atem des völlig fremden Mannes, nimmt er den Algerier mit zu sich nach Hause. Stundenlang lieben sie sich, verkrallen sich ineinander, aus Angst der Andere könne verschwinden. Und sie erzählen von ihrem Leben: Der Kabyle Reda von seinem Vater, der in den Sechzigern als mittelloser Einwanderer in einem von Rassisten geführten Wohnheim in der Banlieue strandet – der Bretone Édouard von seiner stumpfen Familie, die er nicht einmal an Weihnachten besucht. Als er entdeckt, dass Reda ihn bestohlen hat, kommt es zum Streit. Der fremde Liebhaber tobt, würgt Édouard, bedroht ihn mit einer Waffe, erniedrigt und vergewaltigt ihn. Als seine Freunde ihn drängen, Reda anzuzeigen, gerät Édouard in die Mühlen einer kalten, diskriminierenden Justizmaschinerie. Er verliert die Macht über sein Leben, seine Geschichte, seine Sprache. Doch am schlimmsten ist etwas anderes. »Ich war zum Rassisten geworden. Der Rassismus, also das, was ich immer als das meinem Wesen radikal Entgegengesetzte empfunden hatte, das absolut andere meiner selbst, erfüllte mich unvermittelt, ich war die Anderen geworden.«

Die radikale soziale Relevanz dieses Romans führte zu einem Welterfolg. Er verweist durch die Misshandlung, die Édouard widerfährt, auf eine Gesellschaft, in der Ressentiments, Unterdrückung, Beherrschung und die Dominanz des Maskulinen an der Tagesordnung sind. Zugleich öffnet er den Raum für eine Auseinandersetzung mit der Geschichte der Gewalt im Allgemeinen, indem er die Unterscheidung zwischen dem Intimen und dem Politischen als konstruiert entlarvt.

Pressestimmen

Verzweifelt arbeitet der autobiografische Erzähler sich in Édouard Louis' Romanvorlage an gesellschaftlichen Mechanismen des Populismus ab, die ihm das Erlittene - eine spontane erotische Begegnung mit einem Algerier, die im Laufe des Abends in Raub und Vergewaltigung umschlägt - unvermittelt entreißen. Mit klugen, virtuosen Regieeinfällen gelingt es der Theaterfassung von Alice Buddeberg und Viktoria Göke, die seelisch verheerenden Folgen dieser Entmachtung szenisch abzubilden. Die drei Darsteller changieren fortlaufend in die verschiedenen Rollen, immer komplexer wird das die Ereignisse des Abends auslotende, bildgewaltige narrative Mosaik, wie ein Spiegellabyrinth führt es den faszinierten Zuschauer in Sackgassen der Interpretation. (...) Ein lohnenswerter Theaterabend, der für die perfiden Kollateralschäden eines medial überheizten Rechtsrucks sensibilisiert: Die Empathie droht auf der Strecke zu bleiben, wenn das Individuelle von kollektiven Deutungsmustern instrumentalisiert wird.

Neue Westfälische, 24.09.18
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Kurzinfo

Altersempfehlung
ab 16

Premiere
Sa. 22.09.2018

Zum letzten Mal
Sa. 20.04.2019
Erster Termin war am
Sa. 22.09.2018
Spielort
Theater am Alten Markt
Alter Markt 1
33602 Bielefeld
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